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Donnerstag, 3. März 2011

Der Friedhof der lächelnden Leichen

Es ist später Winter und die Sonne will nicht aufgehen, so früh am morgen.
Nein, eigentlich nicht. Er hört immernoch den Schall der zwitschernden Vögel am Morgen eines wunderschönen Sommertages. Aber es ist Winter. Später Winter. Mittendrin. Ein kleines klirschen, der allmälich schmelzende Schnee bringt die Eiszapfen dazu von den Dachrinnen zu fallen. Kinder spielen im dreckigen Schnee. Er vermag keinen Sinn in Ihrem Spaß zu sehen. Es ist dunkel man könnte meinen Nacht. Aber nein es ist Morgen an einem Wintertag, später Winter. Draussen sind die Strassen noch von den Beleuchtungen der Laternen erhellt. Der Wind bläst und erschüttert den Strommast, ein wenig. Es schlägt 6 Uhr, alle 60 Sekunden hört er den Minutenzeiger schlagen. Er reibt sich den Schlaf aus den Augen. Solangsam muss er aufstehen. "Noch ein wenig, ich schließe einfach die Augen denke an etwas schönes und dann stehe ich auf. Nur einschlafen darf ich jetzt nichtmehr." Die Uhr schlägt 7 Uhr. Verschlafen, wie jeden Morgen. An der Kante sitzend, von seiner quitschenden und wirklich alten Schlafcouch, rastet er noch kurz. Er fährt sich langsam durchs Haar und zieht es etwas nach hinten. Steht auf und streckt sich. Langsam öffnet er die knarrende alte Holztür, läuft durch das dunkele Zimmer seines Bruders (Sein Bruder war schon seit 'ner Stunde gegangen) und öffnet dort erneut eine knarrende Holztür. Im Flur angekommen und weiter ins Badezimmer. 3 Beleuchtungen sind dort zu finden, eine an der Decke und 2 am Spiegel. Als die Glühbirnen das letzte mal durchbrannten ersetzte sein Vater diese durch andere die wirklich hell schienen. Jeden Morgen macht er sie aus, es ist Ihm zu hell. Er mag das Dunkle. Oder einfach nur kein grelles Licht am Morgen. Er dreht den Wasserhahn langsam auf, stellt das Shampoo bereit. Im Prinzip war es ihm wirklich egal womit er sich die Haare wäscht, dennoch mochte er den Geruch. Er mag Gerüche. Der Wasserhahn läuft und er starrt die von ihm ausstossende Wasserfontäne an. Mehrere Augenblicke verharrt er und schaut sich das austretende Wasser an. Versucht einzelne winzige Tropen zu erkennen. Aber unmöglich der Wasserhahn ist zu hoch aufgedreht. Er beugt sich und wäscht sich die Haare. Heute riecht das Shampoo nach Erdbeer. Erdbeeren erinnern ihn immer an seine Kindheit. "Da gibt es doch dieses Kindershampoo, das riecht genau so" Er macht sich nie sorgen darum ob es nicht unklug ist mit nassen Haaren bei der Kälte hinaus zu gehen, er sieht es als belanglos an. Aber die Gesundheit eines jeden Menschen ist nicht belanglos. Er schlendert wieder hinüber, durch die beiden knarrenden Holztüren, in sein Zimmer. Gut dass er seine Sachen schon immer einen Tag vorher packt. Was für ein Schlaufuchs. Zieht die Sachen von gestern an, die Hose und den Kapuzenpulli, denkt sich nichts dabei, warum auch? Die Sachen hatte er gestern zum ersten mal an. Kann man also machen. Schnell die Jacke anziehen und los. Schuhe. Schuhe vergessen. Noch einmal zurück, Schuhe anziehen. Jetzt aber los mein Junge! Hinaus oben durch die Wohnung in den kalten Flur und die paar Treppen runter zur Haustür. Oberhalb der Haustür fehlt die Verankerung weswegen sie nichtmehr von alleine zu geht. Raus. Draussen. Immernoch, es liegt immernoch etwas Schnee. Er freut sich ein wenig da er es mag wenn seine Füße auf den Schnee treffen und dieses typische knirschen erfolgt. Nur früh aufstehen dass mag er nicht, nein wirklich nicht. Beeilen tut er sich auch nicht, nein, warum auch. Er ist schon spät dran viel ändern würde ein rasches Fortbewegen nun auch nicht. Er sagt sich immer "Die Menschen besitzen nicht die Fähigkeit sich zu Organisieren, die Zeit so einzuteilen dass es sich anfühlt als hätte man von ihr genug am Tag. Die Menschen stressen sich nur, jeden Tag, ich stresse mich nicht ich laufe nicht da herunter, ich geh' gemütlich." Später steigt er in den Bus. Er fährt immer über 30 minuten und die ersten paar Haltestellen ist nie ein Platz frei. Aber wenn einer frei wird setzt er sich hin, öffnet die Jacke denn er findet es ungemütlich im sitzen, streift sich die Flusen vom Kapuzenpulli, holt seine Musik heraus und hört den Rest der Fahrt Musik. Völlig vertieft in ihr schaut er aus dem Fenster. Alle paar Haltestellen kommen Leute herein die er kennt, die ihm zuwinken, er erwiedert es nie. Er ist zu vertieft. Ihr müsst wissen wenn er dort so sitzt befördert er sich selbst in eine andere Welt. Musik ist für ihn nicht nur Musik genau so wie Worte für ihn nicht einfach Worte sind. Viele Menschen verbinden etwas mit Musik wie z.B. Einnerungen. Dann werden sie noch eventuell traurig aber sonst passiert da doch nie wirklich was. Für sie bleibt es nur Musik, nur Worte. Während der Musik stellt er sich Dinge vor. Zum einen bei diesem Lied, es handelt von einer Frau die tagtäglich am Straßenrand sitzt und Seifenblasen pustet und ein Mann kommt des öfteren vorbei sieht sie an sieht auch ihre Trauer doch tut nichts, wo er sich vorstellt zu Ihr runter zu gehen zum Straßenrand und mit ihr redet. Sie erzählt ihm seine Geschichte und sie ist traurig. Er fängt an zu weinen. Wisst ihr es ist komisch für Menschen wenn sie sehen wie so'n Typ da sitzt mit dicken Kopfhörern und sie sehen wie Tränen an seinem Kinn herunterlaufen. Das ist eine dieser Situationen von vielen. Die Menschen sehen nur das was sie mit ihren Augen sehen können. Oder dieses Lied, es handelt von einer Beerdigung und der Interpret beschreibt dabei den Verlust eines ihm wichtigen Menschen und dass dieser seinen Weg noch immer weitergeht der Interpret singt von der Findung eines Weges hinauf und er ist sein Führer, "Hier werde ich dir zeigen wie man wahrlich schläft" denkt er sich. Und es schießen Bilder in seinen Kopf von lächelnden Menschen, Menschen die er selber verlor. Die Tränen fließen wieder. Gelächter hallt durch den Bus. "Ich wünsche mir wen der mich versteht, ich bin verloren in meiner eigenen Welt" Solche Situationen sind nicht unüblich für Ihn. Denkt aber nicht dass er 'n Mensch ist der nur weint, nein nein. Und es gibt auch andere Dinge weswegen er von der Welt fliehen will. Das komische ist, nun, er lebt in seiner eigenen Welt wo er sich alles erdenkliche wünschen könnte und sagt dass er dennoch gefangen in ihr ist. In Wirklichkeit ist er in der realen Welt gefangen. Es ist einfach so dass er weiß dass seine fiktive Welt unecht ist und dass die Reale echt ist aber empfindet seine, die fiktive Welt, als die Welt zu der er gehört und die Reale als die aus der er entfliehen möchte. Um jeden Preis. Ein anderes Problem für andere mag sein, nun, er liebt das Paradoxe. Alles was andern komisch und wirr erscheint, das mag er. Er mag es diese Rätsel zu lüften und die Herausforderung die sie mit sich bringen. So wie er dieses wirre Chaos liebt so ist auch sein Kopf strukturiert. Stellt euch ein mehrstöckiges Labyrinth vor. Der Eingang befindet sich auf der untersten Ebene der Ausgang auf der obersten und alle 20 minuten wird der Eingang zum Ausgang und umgekehrt. Das Problem hierbei: Die Anzahl der Stöcke haben eine ungerade Zahl. Und so sieht es in seinem Kopf aus. Man vermag seinen Eingang vielleicht zu finden und man denkt man kommt zurecht in ihm, findet sogar eventuell den Ausgang und aufeinmal ist man wieder am Eingang. Darum ist es auch so schwierig für Ihn eine Person anzutreffen die ihn versteht. Aber es ist das einzige was ihm helfen kann. Abseits dieser Gedanken und dem wie er ist trägt er eine Maske. Lächle hier und lächle da. "Danke, mir gehts wirklich sehr gut momentan und dir?" Wie oft er doch tagtäglich lügt. Mitlerweile ist der Bus angekommen, jetzt grüßt er auch alle aber zuvor setzt er seine Maske auf. Ihr dürft ihm das nicht übel nehmen es ist nicht so als ob er sich extra belügt, nein. Es ist ein automatischer Abwehrmechanismus der sich einschaltet damit er nicht verletzt wird. Von keinem. Und es funktioniert auch, der Mechanismus erfüllt seinen Zweck. Nunja, zumindest dachte er das. Denn es kam was immer kommt, die Liebe. Liebe ohja. Damit ist wahrlich nicht zu spaßen. Man denkt wirklich man sei es, man denkt wirklich man wird es. Also geliebt. Aber so war es natürlich nicht. Wisst ihr er ist nicht der einzige der eine Maske auf hat. Und so endete die Exkursion dieser Liebe, so wie jede der bisherigen bei ihm, mit den Worten "..und wenn du mich geliebt hättest dann hättest du es in meiner Welt ausgehalten" Er, so wie alle Menschen auf diesem Planeten, hat etwas. Nun um genauer zu sein er hat etwas was er anderen geben kann ja er will auch aber wollen die anderen es annehmen? "Nie wieder in deinem Leben wirst du so etwas sehen" Er kann unglaublich viel geben, mehr als die meisten Menschen im stande sind. Nie wieder werdet ihr einen so tiefsinnigen Menschen treffen, ja und das wirklich schöne an tiefsinnigen Menschen ist nunja klar sie sind anspruchsvoller. Das heißt es ist wirklich schwierig sie zu verstehen aber sie sind interessant. Und wenn ihr es schafft und sie verstanden habt dann wisst ihr wovon ich hier rede, dann wisst ihr was so schön an ihnen ist und ihr wisst was sie im stande sind zu geben und ganz ehrlich? Ich bin mir sicher dass ihr es dann niemehr weggeben wollt. Nachdem er seinen Pflichten nachgegangen war, im Bus zurück saß und wieder zuhause ankam war es auch schon spät am Nachmittag. Manchmal sind Dinge die sich auf die Psyche eines Menschen auswirken so stark dass sie deinen Körper schwach machen und du dich müde fühlst. Genau so ein Tag und solche Dinge sind ihm wiederfahren an diesem Tag. Er tat nichtmehr viel und legte sich dann ins Bett. Allerdings heißt das bei ihm nicht dass er auch schläft. Dann liegt er dort auf dem Rücken schaut hinauf auf die dunkle Decke und denkt nach. Wahrlich er denkt viel nach am Tag. Aber am Abend im Bett über die Dinge des Tages. Was geschah, was ihn beschäftigte, was ihm der Tag brachte und Gedanken die noch sehr viel weiter wegführen von dem was ich hier gerade aufzählte. Er ist ein schwieriger Mensch besonders für diejenigen die ihn nicht verstehen wollen. Ein Mensch der dazu gezwungen wird sich zu verschließen und ja manchmal mag es einem vorkommen als sei er kalt und eingebildet. Er ist vielleicht auch garnichtmal was besonderes weder vom Charakter noch vom Aussehen. Wer sich vornimmt anders zu sein und versucht sich von allen zu erheben findet sich bald auf einem Friedhof wieder voller Menschen die man einst kannte die sich aber doch von einem abwandten. Diese Menschen dort sind nur Leichen, leere Hüllen denn ihr versuchtet und ersuchtet etwas was nicht zu finden ist, nicht in dem Sinne wie ihr denkt. Und manchmal, ja manchmal wenn ihr dann auf diesem Freidhof wandert kommt es euch vor als lächeln euch diese Leichen an. Wenn ihr nicht wisst wo ihr herkommt oder hinwollt dann ist es auch egal wo ihr wart und hingeht.
Auch er befindet sich auf diesem Freidhof doch leider nicht als Mensch der auf ihm wandert muss man sagen. Er ist einer dieser Leichen lächelnd, schaut beim nächsten mal genauer hin, vielleicht befindet er sich auch auf eurem Friedhof, ja vielleicht seid ihr ihm schonmal begegnet. Nun um zu bewerkstelligen dass jemand auf diesem Friedhof als Leiche landet muss es nicht umbedingt sein dass ihr eine enge BIndung zu ihm hattet oder ihn gar kanntet. Es reicht schon ein abfälliges lachen oder herumschubsen. Ein tritt, ein Schlag. Ein Wort, 'ne Tat. Und der Mensch befindet sich dort, auf eurem Friedhof.

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